Leben spenden über den Tod hinaus
Niederwerrn, 9. Januar 2007
Niederwerrn -
Auch Peter Seifert war einst mulmig bei dem Gedanken, womöglich bei lebendigem Leib "ausgeschlachtet" zu werden. Nach einem Bericht zum Thema Scheint-Tod und Transplantation habe er seinen alten Organspender-Ausweis weggeworfen, berichtet der Bürgermeister im Foyer des Niederwerrner Rathauses freimütig. Hier beginnt eine Wanderausstellung des Schweinfurter Vereins der Dialyse-Patienten, die bis zum 12. März in Niederwerrn gastiert. Es ist die erste solche Aktion im Landkreis seit mehreren Jahren.
"Über das Thema Schein-Tod braucht sich kein Organspender Gedanken zu machen", beruhigt Heilpraktiker Udo Albrecht. In Deutschland, wo das Prinzip der erweiterten Zustimmung gilt (hier müssen auch die Angehörigen einer Organ-Entnahme zustimmen), achte man streng darauf, dass mit Transplantationen kein Schindluder - oder gar Kommerz - betrieben wird.
Und das Problem des möglichen "Schein-Tods" verhalte sich genau umgekehrt, wie vom Laien angenommen, betont Albrecht: Ein klinisch Hirntoter wirke nur deswegen oft noch lebendig, weil für die Organ-Entnahme die verbliebenen Lebensfunktionen künstlich aufrecht erhalten werden würden.
Es sei also immer die Transplantation, die dem lebenden Menschen diene, nicht der lebende Mensch als "Ersatzteillager". Das betont auch Hannelore Seitz, Vorsitzende der "Interessengemeinschaft der Dialysepatienten und Transplantierten in Schweinfurt". Der Verein hilft den Betroffenen, nicht zuletzt den Angehörigen, und versucht die Lebensqualität der Kranken zu steigern: etwa durch Urlaubsfahrten ins türkische Antalya. Die Bergrheinfelderin Seitz, viele Jahre selbst mit einem (mittlerweile verstorbenen) Dialyse-Patienten verheiratet, vertritt 170 Mitglieder im Landkreis, davon rund 90 Patienten. Etwa Peter Ziegler, der das Ausstellungs-Debüt in seine Heimatgemeinde gebracht hat.
Der 57-Jährige, seit einer Infektion Anfang der 1990er Jahre nierenkrank, ist seit zwei Jahren an ein Dialyse-Gerät angeschlossen: "Ich hätte früher damit anfangen sollen", sagt der Frührentner, der als einer von zwei Betroffenen im Landkreis die Blut-Dialyse zu Hause betreibt.
Ein Demogerät, dass die Schweinfurter Firma Fresenius zur Verfügung gestellt hat, zeigt, wie die computergesteuerte Blutfilterung funktioniert: Bis zu acht Stunden hängt Ziegler "an der Nadel", ein Implantat im Arm erleichtert das Stechen.
Nun wartet Ziegler - wie rund 10 000 Nierenkranke in Deutschland - auf sein Spenderorgan: Im Schnitt dauert es sechs Jahre, bis ein Bedürftiger eine neue Niere erhält. Geregelt wird die Transplantation von Herzen, Lungen, Lebern, Nieren, Bauchspeicheldrüsen oder Därmen durch die gemeinnützige Stiftung Eurotransplant im niederländischen Leiden.
"Es werden immer mehr Dialyse-Patienten durch Zuckerkranke", sagt Ziegler. Aber es gibt, trotz der einhelligen Zustimmung der Kirchen zur Organ-Spende, noch immer viel zu wenige Spender. Nun liegen im Niederwerrner Rathaus Info-Materialien und Spenderausweise bereit. Auch Bürgermeister Peter Seifert füllt jetzt ohne Bedenken eine solche Einverständnis-Erklärung aus: ein kleines "Stück Unsterblichkeit" im Führerschein-Format.
Peter wartet immer noch auf eine Spenderniere
Bergrheinfeld, 2. Juni 2007
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