Seit elf Jahren lebt Andrea Opfermann mit Spenderorganen.

Ein Beitrag aus dem Haßfurter Tagblatt vom 8. Juli 2011 von Claudia Baumgärtner
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Zeil - "Für mich ist der Himmel immer ein bisschen blauer", sagt Andrea Opfermann. Die 45-jährige möchte leben. Diabetes, tägliche Dialyse und dann, vor elf Jahren von einem Tag auf den andern, gab es die für sie passenden Spenderorgane: eine Niere und eine Bauchspeicheldrüse.

Andrea Opfermann erhielt nach jahrelanger Dialyse eine neue Niere und eine Bauchspeicheldrüse. Seit elf Jahren lebt sie nun mit den Organen eines unbekannten Spenders und ist jeden Tag aufs Neue froh, dass sie eine Zukunft hat.

Foto: Baumgärtner

Seit dem ist wieder mehr Normalität eingekehrt. Aber so einfach ist der Alltag mit zwei fremden Organen nicht: Sie muss täglich 15 Tabletten nehmen, die meisten, damit ihr Körper die neuen Organe nicht abstößt. Dadurch fährt sie ihr eigenes Immunsystem herab und ist anfällig für Krankheiten. "Schnupfen, Erkältungen, Blasenentzündungen, ich nehme alles jährlich mehrfach mit", so Andrea Opfermann. Aber selbst die 30 Arztbesuche im vergangen Jahr schrecken sie nicht. "Ich würde täglich gehen, wenn gewährleistet wäre, dass ich nie mehr eine Dialyse durchführen muss", bringt sie ihre Erfahrungen auf den Punkt.

Ihr Leidensweg begann vor über 30 Jahren. Damals, als Jugendliche, erkrankte sie an Diabetes Typ I. Es folgten Jahre mit der schweren Krankheit, dauernde Arztbesuche und immer wieder Einschränkungen. In den 80-er und 90-er Jahren gab es auf dem Land kaum Spezialisten - und so war ihr Zucker nicht gut eingestellt.

Als sie mit ihrem Mann gerade 28-jährig von einer Amerika-Reise heimkehrte, erkrankte sie schwer. Im Klinikum Bamberg folgte die Hiobsbotschaft: Ein Blutwert war auffällig, beide Nieren waren bereits vom Diabetes geschädigt. Da hörte Andrea Opfermann erstmals das Wort Dialyse. "Ich war geschockt", weiß sie noch, auch wenn sie sonst die Daten zu ihrem langwierigen Krankheitsverlauf immer wieder mal nachschlagen muss. "Ich denke nicht oft an die Zeit, deshalb habe ich die alten Geschichten nicht mehr so präsent", meint die lebensbejahende Frau.

Die Ärzte sind anfangs recht zuversichtlich. Frühestens in einem Jahrzehnt müsse sie sich Sorgen machen, sagen sie ihr und raten zum Beginn einer neuen Ausbildung. Doch dann kommt alles Schlag auf Schlag, Der Kreatininwert steigt immer schneller. Im September 1994 beginnen die Beobachtungen, im Spätsommer 1997 erklärt ihr ein Spezialist in einer großen Fachklinik, dass im nächsten halben Jahr mit der Dialyse begonnen werden muss. Und im März 1998 ist es dann soweit.

Andrea Opfermann entschließt sich für die Bauchfell- oder Peritonealdialyse, weil sie diese zu Hause durchführen kann. Bei diesem Verfahren wird ein rund 50 Zentimeter langer Schlauch dauerhaft in das Bauchgewebe eingebracht. Der Patient kann nun den notwendigen Flüssigkeitsaustausch, denn die Nieren reinigen ja eigentlich das Blut und scheiden Abfallstoffe im Harn aus, selber erledigen. Der Vorteil, der Körper wird öfter entgiftet, der Nachteil, die Behandlung muss mehrmals täglich erfolgen. Ein Leben voller Beschränkungen und Disziplin. Aber die Haßberglerin lässt sich nicht unterkriegen. Sie fährt sogar zum Stones-Konzert nach Nürnberg und unternimmt Reisen mit der Bahn nach Österreich - mit einigen kürzen Unterbrechungen zur Dialyse in Krankenhäusern, die auf dem Weg liegen. Ihre Ausbildung aber muss sie doch abbrechen, die Krankheit hat ihren Körper zu sehr im Griff.

Sie lässt sich auf eine Liste für Organspenden-Empfänger setzen. Zunächst in München, dann wechselt sie nach Würzburg, als das dortige Universitätsklinikum anfängt, Bauchspeicheldrüsen, die für den Zuckerstoffwechsel zuständig sind, zu transplantieren. An dritter Stelle steht sie dort, wenig später kommt der ersehnte Anruf: Wir haben einen passenden Spender für Sie gefunden. Das war im Jahr 2000. Mit Mutter und Schwester fährt Andrea Opfermann in die Klinik. "Es kann nur besser werden", waren ihre einzigen Gedanken.

Nach der siebenstündigen Operation geht es ihr dann besser, wenn sie auch noch ein paar Tage weiter die Dialyse durchführen muss, bis beide Organe richtig arbeiten. Nach acht Wochen darf sie wieder nach Hause und ein Jahr später hat sie schon eine Teilzeittätigkeit aufgenommen. Das Leben ohne Diabetes und Dialyse ist wieder richtig schön.

 

Schon seit 1985 einen Spenderausweis

Hannelore Seitz von der IG Niere Schweinfurt setzt auf Aufklärung

Das Gespräch führte Claudia Baumgärtner

Die Heimatzeitung hat mit Hannelore Seitz, der Vorsitzenden der Interessensgemeinschaft Niere Schweinfurt, über das Thema Organspende gesprochen.

HT: Frau Seitz, sollte jeder Erwachsene einen Organspende-Ausweis besitzen?

Seitz: "Meiner Meinung nach ist es wichtig, dass jeder Mensch sich in seinem Leben einmal Gedanken zu dem Thema Organspende gemacht hat und sich dann entscheidet."

HT: Viele haben Angst, dass sie im Falle eines schweren Unfalls nicht richtig versorgt werden oder dass ihnen Organe entnommen werden, bevor sie wirklich tot sind. Sind diese Sorgen berechtigt?

Seitz: "Diese Sorge ist absolut unberechtigt. Jeder Arzt kämpft erst einmal für das Leben eines Menschen. Außerdem gibt es ein Gesetz, worin die genauen Vorgaben für eine Organspende festgelegt sind. So müssen in Deutschland zwei voneinander unabhängige Ärzte den Hirntod festgestellt und protokolliert haben. Erst dann können Organe entnommen werden."

HT: Manche fürchten auch, dass ihre Angehörige sie nicht mehr sehen dürfen, wenn mehrere Organe fehlen.

Seitz: "Es ist den Angehörigen nach der Entnahme immer möglich, den Verstorbenen zu sehen. Sie können pietätvoll von ihm Abschied zu nehmen."

HT: Der bayerische Gesundheitsminister Söder hat kürzlich vorgeschlagen, dass Verfahren umzudrehen, das heißt, dass jetzt jeder zunächst einmal Organspender ist, es sei denn, er hat ein Dokument dabei, das die Spende ausschließt. Was halten Sie von dieser Idee?

Seitz: "Diesen Vorschlag brachten wir mit unserem Dachverband dem Bundesverband Niere schon 1997. Damals wurde in Deutschland das Transplantationsgesetz eingeführt. Es gab 2007 eine neue Diskussion durch den Ethikrat, das Gesetz zu ändern. Leider kam das bei der Mehrheit der Politiker nicht an."

HT: Wie versuchen Sie heute das Thema in den Köpfen der Menschen populärer zu machen?

Seitz: "Wir als Interessengemeinschaft machen viel an Öffentlichkeitsarbeit. Wir sind im Raum Schweinfurt und Haßberge unterwegs. So zum Beispiel in Schulen und Vereinen zu Vorträgen zum Thema. Außerdem beteiligen wir uns regelmäßig beim Straßenfest in Haßfurt. Wir haben zum jährlichen Tag der Organspende im Juni einen Infostand in Schweinfurt und Haßfurt. Wir sind auch wieder bei den Gesundheitstagen im September, welche in diesem Jahr in Zeil stattfinden, dabei."

HT: Haben Sie selbst einen Organspende-Ausweis?

Seitz: "Ja, ich habe schon seit 1985 einen Organspendeausweis."

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